Zecken sind harmlos – meist. Und dieses „meist“ ist das Problem. Nahezu jeder hat in seinem Leben schon einmal eine Zecke gehabt. So sind Zecken zurzeit ein Lieblingsthema der medizinischen Presse. Trotzdem – oder gerade deshalb – kursieren ein Vielzahl von Gerüchten über Zecken und die Krankheiten, die sie auslösen können. In diesem Artikel wollen wir erklären, was Zecken wirklich anrichten können.
Viele Jahre glaubte man, Zecken würden von Bäumen fallen. Das ist falsch. Zecken lauern im Gras und hängen sich an Vorbeikommende, die das Gras streifen.
Sobald es über 10°C ist, werden Zecken aktiv. Die Risikozeit dafür ist April bis September. Zecken bevorzugen als Lebensraum feuchte, warme Orte, an denen auch ihre potenziellen Wirte wie Kleinsäuger, Wild, Haustiere oder der Mensch zu finden sind. Man findet sie auf Wiesen, in Sträuchern, im Unterholz, an Bachufern, in Parks und im Garten. Kommt ein Wirt in die Nähe einer Zecke, lässt sie sich in Bruchteilen von Sekunden abstreifen. Sie bevorzugt beim Blutsaugen warme Körperregionen mit weicher Haut, wie Kniekehlen, Achselhöhlen oder den Haaransatz. Hat die Zecke einen geeigneten Ort zum Blutsaugen gefunden, durchbohrt sie die Haut mit ihren Mundwerkzeugen.
Zecken leben weltweit, sind jedoch in verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Krankheitserregern infiziert, mit denen sie sich an anderen Wirtstieren angesteckt haben. Die meisten dieser Krankheitserreger sind harmlos und erzeugen allenfalls eine kleine Entzündungsreaktion in der Haut. Zwei dieser Krankheitserreger verursachen jedoch in Europa ernstzunehmende Krankheiten: Borreliose und FSME. Diese Krankheitserreger sind die Gefahr, die Zecke selbst ist für den Menschen in der Regel völlig harmlos.
Borreliose
Der Erreger der Borreliose (genauer Lyme-Borreliose, benannt nach dem US-Städtchen Lyme, in dem 1975 zum ersten Mal eine Erkrankung auftrat, die den Stichen von Zecken zugeordnet werden konnte) ist ein Bakterium. Es konnte erst in den achtziger Jahren von Willy Burgdorfer identifiziert werden. Deshalb wurde der wichtigste Vertreter der Borrelien nach ihm Borrelia burgdorferi genannt. Inzwischen konnte man eine Reihe verschiedener Borrelien identifizieren.
Die Lyme-Borreliose ist in Deutschland die häufigste durch Zecken übertragene Infektion. Nach unterschiedlichen Angaben sind 5 bis 35% der Zecken mit Borrelien infiziert. Als Erregerreservoir der Borrelien gelten Nagetiere, Wildtiere (Rehe, Hirsche) und Vögel.
Nach Beobachtungen kommt es im Schnitt bei 3 bis 6 % der von Zecken gestochenen Personen zu einer Infektion. Klinisch erkranken jedoch nur 0,3 bis 1,4% der Betroffenen, bei den anderen läuft die Erkrankung völlig symptomlos ab.
Das bedeutet: Das Abwehrsystem der allermeisten Menschen besiegt die Borrelien genauso wie andere Infektionen auch. Das Thema Borreliose ist damit für diese Menschen erledigt, sie entwickeln eine Immunität für diese Sorte der Borrelien. Eine durchgemachte und abgeheilte Infektion bedeutet keinerlei Gefahr mehr für den Menschen.
Somit ist die Krankheit Borreliose sehr viel seltener, als allgemein angenommen.
Kommt es doch zu einer Erkrankung, verläuft diese ohne Behandlung in drei Stadien. Das Stadium I ist durch die typische, größer werdende, aber schnell verblassende Hautrötung, das Erythema migrans, charakterisiert. Als Begleitsymptomatik können nach einigen Wochen (müssen aber nicht) Fieber, Kopf-, Muskel-, Gelenkschmerzen und Lymphknotenschwellungen (wie bei einer Erkältung) auftreten. Diese Rötung kann sehr schnell verblassen oder auch wochenlang zu sehen sein. Aufgrund der inzwischen großen Bekanntheit der Erkrankung wird sie in den meisten Fällen bereits im Stadium I diagnostiziert und behandelt. Diese Rötung ist auch das wichtigste Kriterium zum Diagnostizieren der Borreliose.
Wird das Stadium I aber nicht erkannt, folgt das Stadium II. Hierbei kommt es zu Schmerzen, Lähmungen, Hirnnervenausfällen, Hirnhautentzündung oder Hirnentzündung. Des Weiteren kann das Herz beteiligt sein.
Das Stadium III ist durch die Lyme-Gelenkentzündung charakterisiert.
Die Diagnose einer Lyme-Borreliose wird durch die klinische Symptomatik gestellt und durch den Antikörpernachweis im Blut gestützt. Gerade im Stadium I, der häufigsten Manifestationsform der Lyme-Borreliose, sind die serologischen Nachweisverfahren jedoch nur eingeschränkt aussagekräftig.
Dies führt dazu, dass in bestimmten Laboren Testverfahren eingesetzt werden, die von seriösen Wissenschaftlern abgelehnt werden und viel zu häufig eine „Borreliose“ feststellen, wo es gar keine gibt (diese Patienten haben sich zumeist in der Vergangenheit infiziert, das Immunsystem hat die Borrelien aber abgetötet). So mancher Patient glaubt hiermit bisher unklare Beschwerden erklärt und bekommt massenhaft unnötige Antibiotika, die selbst mehr Schaden anrichten können, als dass sie gegen die nicht vorhandene Borreliose nützen.
Liegt tatsächlich eine Borreliose vor, muss – wie bei allen Bakterien – mit Antibiotika behandelt werden.
Der beste Schutz vor einer Lyme-Borreliose ist die Vermeidung von Zeckenstichen durch geeignete Kleidung. Auch Repellenzien können Zecken abhalten.
Beim Zeckenstich gelangt der Erreger, der sich im Darm der Zecke befindet, erst nach Stunden in den menschlichen Organismus. Um eine Infektion mit Borrelia burgdorferi zu verhindern, sollten Zecken so schnell wie möglich vom Körper entfernt werden.
Eine Borrelieninfektion ist in den ersten sechs Stunden unwahrscheinlich.
Hierbei ist darauf zu achten, dass der Zeckenkörper nicht gequetscht wird, da sonst borrelieninfizierter Darminhalt der Zecke in den Menschen gelangen kann. Zum Entfernen von Zecken eignen sich spezielle Zeckenzangen (in Apotheken erhältlich). Es ist wichtig, die Zecke möglichst nahe an der Haut zu ergreifen. Man sollte dabei nur leicht auf die Zecke drücken und sie davor auf keinen Fall mit Öl oder Klebstoff behandeln.
Impfstoffe gegen Borrelien stehen derzeit und vermutlich auch in den nächsten Jahren in Europa nicht zur Verfügung.
FSME
Die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME) unterscheidet sich in allem von der Borreliose. Gemeinsam ist beiden nur die Übertragung durch Zecken.
Der Name leitet sich von den Symptomen ab: Hirnhautentzündung (Meningitis) und Hirnentzündung (Enzephalitis).
Im Gegensatz zur Borreliose wird die FSME von Viren verursacht. Damit sind Antibiotika leider unwirksam, die Therapie sehr schwierig.
Über 300 Menschen erkranken jährlich in Deutschland. Dabei kommt FSME nicht in ganz Deutschland vor. Es gibt ständig angepasste Karten, die zeigen, wo Zecken mit dem FSME-Erreger vorkommt. Dies betrifft vor allem Süddeutschland und einen kleinen Herd in Mecklenburg.
Die ersten Symptome Tage bis Wochen nach dem Zeckenstich sind Fieber, Abgeschlagenheit, Kopf- und Muskelschmerzen, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfall, ähnlich einer Erkältung.
Bei etwa 10% der Betroffenen wird auch das Nervensystem befallen. Nach einigen Tagen ohne Symptome zeigen sich ein erneuter Fieberanstieg, heftige Kopf- und Gliederschmerzen mit starkem Krankheitsgefühl. Des Weiteren können Lähmungen und Bewusstseinsstörungen auftreten. Ein kleiner Teil der so Erkrankten stirbt daran.
Man kann FSME gut durch Antikörper im Blut nachweisen.
Eine spezielle Therapie gibt es nicht. Man kann aber ausgezeichnet vorbeugen: Es gibt eine Impfung gegen FSME, die sicher schützt. Sie wird jedoch nur in bestimmten Fällen von der Krankenkasse übernommen.
Lassen Sie sich unbedingt über die Risiken beraten, bevor sie eine Reise antreten.