Infektionskrankheiten haben eine enorme weltweite Bedeutung. Jeder hat jedes Jahr mehrere Infektionen, in den meisten Ländern der 3. Welt sind sie die häufigste Todesursache.
Die häufigste infektbedingte Todesursache ist die Tuberkulose, obwohl diese immer behandelbar ist. Weltweit ist jeder 3. infiziert, jeder 30. erkrankt.
Historisch betrachtete man als Ursache der Infektionskrankheiten Veränderung der Luft, erst seit ca. 100 Jahren ist bekannt, dass Krankheitserreger die Ursache sind.
In diesem Artikel soll es jetzt um die Krankheitserreger gehen, sie werden vorgestellt, es geht um die Mechanismen, mit denen sie krank machen, um Diagnostik und Bekämpfung der Krankheitserreger.
Einteilung der Krankheitserreger
Systematik
Subzelluläre biologische Objekte
- Prione
- Viroide
- Viren
Einzellige Lebewesen (Mikroorganismen)
- Bakterien
- Pilze
- Protozoen
Mehrzellige Lebewesen
- Helminthen (Würmer)
- Arthropoden (Gliederfüßer)
Prione
Kleine, eiweißartige Strukturen, keine Lebewesen, < 5 nm
Sie könnten Ursache der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit und BSE sein. Obwohl 1997 der Nobelpreis für ihre Entdeckung vergeben wurde, ist deren Existenz weiter umstritten
Viroide
Kleine Nukleinsäuren (Nukleinsäure = Träger der Erbinformation), keine Lebewesen, < 5 nm
Es ist unbekannt, ob sie humanpathogen (= Menschen krankmachend) sein können, bei Pflanzen als Krankheitsursache bekannt
Viren
Einzahl: Das Virus
Kleine Strukturen, die ähnlichen Aufbau haben, 20-200 nm:
- Nukleinsäure (= Träger der Erbinformation) in einem Protein(= Eiweiß)mantel
- Keine eigenen Strukturen zur Energieerzeugung und Proteinsynthese (wie es Zellen haben), sie brauchen deshalb lebende Wirtszellen
- Schleusen ihre Nukleinsäure in das Genom der Wirtszelle ein, zwingen Wirtszelle zur Synthese von Virusbausteinen.
- Zerstören Zellen, indem sie sich darin massenhaft vermehren
- Können aber auch einfach in Zelle ruhen (damit sind sie geschützt gegen unser Immunsystem), z. B. Herpes, durch bestimmte Reize wird dann die Vermehrung ausgelöst
- Einige führen zur Entartung der Wirtszelle mit Tumorwachstum (Warzen, aber auch bösartige Tumoren)
Bekannte Viren:
- Tausende verschiedene, die Erkältungen machen
- Masern
- Mumps
- Röteln
- Pocken
- Herpes
- Varizellen (= Windpocken, Reaktivierung: Zoster = Gürtelrose)
- Hepatitis A-E, G
- Polio
- HIV
Bakterien
Richtige Zellen, damit sind sie Lebewesen, 200-5000 nm
Meist stäbchenförmig, auch kugelig (Kokken), spiralig…
Einige haben als Schutz noch eine zusätzliche Kapsel um die Zelle, viele haben Geißeln zur aktiven Fortbewegung. Manche bilden Sporen (= Dauerformen), die extrem unempfindlich sind
Vermehrung durch ungeschlechtliche Querteilung
Kapseln und Sporen erschweren die Therapie, manche Sporen überleben selbst eine gute Sterilisation längere Zeit
Wichtige Bakterien:
- Staphylokokken (viele Wundinfekte, Abszesse [= Abgekapselter Eiterherd], Otitis media [= Mittelohrentzündung] und viele andere)
- Streptokokken (wie Staphylokokken, sowie Tonsillitis [= Mandelentzündung], Pneumonie [= Lungenentzündung], Scharlach [alleine 6 verschiedene Arten, deshalb 6 x möglich])
- Clostridium tetani (Tetanus)
- Mycobacterium tuberculosis (Tuberkulose)
- Salmonella-Arten (Salmonellosen)
- Bordetella pertussis (Keuchhusten)
- Borrelia burgdorferi (Borreliose)
- Yersinia pestis (Pest)
Pilze
10 mal größer als Bakterien, > 2000 nm
Zellaufbau wie Pflanzen, bewegungsunfähig, betreiben aber keine Photosynthese, sondern leben von fertigen organischen Substanzen (wie Tiere)
Meist ungeschlechtliche Vermehrung
Von 12.000 bekannten Arten nur 100 humanpathogen (= Menschen krankmachend), das aber meist auch nur bei geschwächter Immunabwehr (außer bestimmte Hautpilzarten)
Bekanntester Pilz:
- Candida
Protozoen
Einzellige Tiere, > 2000 nm
Zellaufbau wie bei allen Tieren, zusätzlich haben sie Fortbewegungsorganellen und besondere Stoffwechselorganellen
Vermehrung durch Zweiteilung, gel. geschlechtlich
Humanpathogen besonders Geißeltierchen, Wurzelfüßer, Sporentierchen, Wimpertierchen
Viele werden durch Arthropoden übertragen (z. B. Mücken, Zecken) in denen Vermehrung und Formwechsel stattfindet (z. B. Malaria)
Wichtigste Protozoen:
- Plasmodium-Arten (Malaria)
- Verschiedene Durchfallerkrankungen
- Toxoplasma gondii (Toxoplasmose)
Helminthen
Würmer = vielzellige Tiere mit Geschlechtsorganen, gel. zwittrig
Mikrometer bis Meter
Oft über Zwischenwirte übertragen (Schwein, Hund, Rind)
Humanpathogen meist Saugwürmer, Bandwürmer und Fadenwürmer
Bekannte Würmer:
- Cestoda (Bandwürmer)
- Echinokokkose mit Befall der Leber, der Lunge (oft tödlich)
- Bilharziose (Eindringen in die Haut)
- Spulwurmbefall (Darm-Lungen-Kreislauf)
Arthropoden
Gliederfüßer: Segmentärer Körper, Gliedmaßen mit Gelenken, Außenskelett Chitin
Formenreichster Tierstamm der Welt
Bedeutung hier (Nur diese gehören in dieses Kapitel):
- Überträger von Krankheiten (z. B. Krebstiere, Insekten)
- Gifttiere (z. B. Spinnentiere, Insekten)
- Einige, die als Parasiten den Menschen befallen (Milben, Zungenwürmer)
Mechanismen der Krankheitserreger, krank zu machen
Erregertypen
Parasit
Lebewesen, das sich auf Kosten des Wirts ernährt
Im weiteren Sinne alle Krankheitserreger, im engeren Sinne (so meist in der Medizin gebraucht): Protozoen und tierische Parasiten der Helminthen und Arthropoden
Kommensalen
Parasiten, die den Wirt nicht schädigen
Stellen die normale Flora von Haut und Schleimhaut
Können Infekte machen, wenn sie in Regionen gelangen, die sonst keimfrei sind (z. B. Blase)
Infekte durch körpereigene Flora nennt man endogene Infekte (andere: exogene Infekte)
Opportunisten
Fakultativ pathogene Mikroorganismen
Geringe Pathogenität, ein Infekt entsteht nur bei entsprechender Disposition (z. B. bei geschwächtem Körper)
Infektion
Kolonisierung
Anwesenheit des Erregers auf der Haut oder Schleimhaut, ohne Eindringen in den Körper und ohne Gegenreaktion des Wirts
Infektion
Eindringen des Erregers in das Gewebe des Wirts mit Reaktion des Wirtes
Gibt es ständig im Laufe des Lebens, meist klinisch stumm (= stille Feiung = ohne Symptome)
Manifeste Infektion = Infektionskrankheit: Es treten klinische Symptome auf
Infektionsmodus
Der Weg des Eindringens des Erregers in den Wirt
Passiv (Verletzungen in der Haut oder Schleimhaut / Von Arthropoden übertragen / Bei Operationen in den Körper eingebracht / Über die Plazenta (= intrauterine Infektion)
Aktiv (Der Erreger wandert aktiv durch die intakte Haut oder Schleimhaut)
Art der Ausbreitung
Lokalinfektion: Der Keim bleibt an der Eintrittspforte oder der näheren Umgebung
Allgemeininfektion: Der Erreger gelangt ins lymphatische Gewebe, ins Blut, oft in typische Organe
Inkubationszeit
Die Zeit zwischen dem Eindringen des Erregers in den Körper und dem Auftreten der ersten Krankheitssymptome
Für viele Infektionskrankheiten charakteristisch
Krankmachende Mechanismen
Pathogenität
Die grundsätzliche Eigenschaft einer Erregerart, Krankheiten auslösen zu können
Man spricht von hochpathogen, apathogen…
Virulenz
Grad der Pathogenität einer einzelnen Population von Erregern
Einzelne Stämme eines pathogenen Erregers können z. B. hochvirulent oder avirulent sein
Mechanismen der Pathogenität
Adhärenz: Um in die intakte Haut oder Schleimhaut eindringen zu können, muss der Erreger daran anhaften können. Dazu benutzt er spezielle Haftstrukturen, zum Teil werden auch Rezeptoren unserer Epithelzellen genutzt
Invasion und Ausbreitung: Oft durch zell- oder gewebsschädigende Enzyme (= Eiweiße, die chemische Reaktionen beschleunigen)
Strategien des Erregers gegen unsere Immunität: Z. B. Kapseln der Bakterien, Bildung von Phagozytentoxinen (Phagozyt = Fresszellen, wichtige Abwehrzelle unseres Körpers; Toxin = Gift), Hemmung unserer Abwehrzellen, gezielte Schädigung von Immunzellen, ständige Veränderung der Oberflächenantigene (Antigen = Typische Substanz eines Krankheitserregers, die eine Immunabwehr bei uns auslöst), Induktion von unwirksamen Antikörpern (Eiweiß unseres Körpers, das sich auf ein typisches Antigen setzt und damit die Immunabwehr in Gang bringt)
Mechanismen der Zell- und Gewebeschädigung
Direkte Einwirkung von Toxinen (= Giften) und Enzymen (= Eiweiße, die chemische Reaktionen beschleunigen)
Zellzerstörung durch Virusvermehrung darin
Entzündliche Reaktion des Wirtes
Überschießende Immunabwehr des Wirtes: Immunpathologische = allergische Reaktionen
Infektabwehr
Unspezifisch
z. B.
Säuremantel der Haut
Schleimsekretion und -fluss
Normalflora von Haut und Schleimhaut
Phagozytose (= Die ständige Fresstätigkeit der Phagozyten)
Spezifisch
Antikörper (= Eiweiß unseres Körpers, das sich auf ein typisches Antigen setzt und damit die Immunabwehr in Gang bringt)
Übertragung
Übertragungsweg
Direkt (häufigste Weg)
- Oral: Über den Mund aufgenommen
- Tröpfchen-Infektion
- Aerogene Infektion: Über die Luft verbreitete Keime
- Schmierinfektion: Verschmieren infektiösen Materials
- Geschlechtsverkehr
- Direkt über die Haut (selten)
Indirekt
- Lebensmittel
- Wasser
- Staub
- Vektoren: Gegenstände oder Insekten, die den Erreger übertragen
- Transfer über Hände: Vor allem im Krankenhaus
Übertragungsketten
Homologe Kette: Übertragung von Mensch zu Mensch
Heterologe Infektion: Übertragung von Tier auf Mensch oder umgekehrt
Diagnostik der Krankheitserreger
Viren
Nachweis von Antikörpern (= Eiweiß unseres Körpers, das sich auf ein typisches Antigen setzt und damit die Immunabwehr in Gang bringt) im Blut
Direkter Nachweis mit dem Elektronenmikroskop
Anzüchtung auf Hühnerembryonen, Versuchstieren oder Zellkulturen
Alles sehr teuer
Bakterien
Direkter Nachweis durch Anfärbung und Mikroskopie oder Kultur
Indirekter Nachweis durch Antikörper (= Eiweiß unseres Körpers, das sich auf ein typisches Antigen setzt und damit die Immunabwehr in Gang bringt) im Blut
Pilze
Überwiegend mikroskopischer Nachweis nach Anfärbung, gel. mit Hilfe einer Kultur
Oft ist die Klinik zum Nachweis ausreichend
Protozoen
Direkter Nachweis in Stuhl oder Blut
Bei Toxoplasma auch Nachweis durch Antikörper (= Eiweiß unseres Körpers, das sich auf ein typisches Antigen setzt und damit die Immunabwehr in Gang bringt) im Blut
Helminthen
Nachweis von Wurmeiern im Stuhl
Direkter Wurmnachweis
Gel. Nachweis durch Antikörper (= Eiweiß unseres Körpers, das sich auf ein typisches Antigen setzt und damit die Immunabwehr in Gang bringt) im Blut
Arthropoden
Inspektion, evtl. mittels einer Lupe
Nachweis unter dem Mikroskop
Bekämpfung der Krankheitserreger
Viren
Die Bekämpfung ist problematisch, da das Virus in die Zelle integriert ist
Viren sind unempfindlich gegen Antibiotika
Es gibt einige spezielle Chemotherapeutika, deren Wirkung ist begrenzt, sie haben oft erhebliche unerwünschte Wirkungen (Ausnahme: In Salbenform, etwa gegen Lippenherpes)
Bakterien
Der Oberbegriff der gegen Bakterien wirksamen Medikamente heißt Chemotherapeutika, die meisten sind Antibiotika (Einzahl: Antibiotikum). Meist werden diese Begriffe synonym verwendet
Jedes Antibiotikum hat sein Wirkspektrum, keines erfasst alle Bakterien
Je nach Menge der Erregertypen, die sie bekämpfen spricht man von Schmalspektrumchemotherapeutika oder Breitspektrumchemotherapeutika
Sie haben sehr unterschiedliche Wirkmechanismen: Hemmung der Vermehrung der Erreger, Blockierung bakterieller Stoffwechselvorgänge, Schädigung Bakterienzellwand… Daher kann eine Kombination verschiedener Antibiotika sinnvoll sein
Das größte Problem sind die zunehmenden Resistenzen der Bakterien, es gibt kaum noch Reserve-Antibiotika für Notfälle
Pilze
Antibakterielle Chemotherapeutika zumeist ohne Wirkung
Es gibt nur wenig Antimykotika, als Salbe sind sie nebenwirkungsarm, in den Körper aufgenommen haben sie aber oft erhebliche unerwünschte Wirkungen
Protozoen
Hierfür gibt es spezielle Chemotherapeutika
Helminthen
Die zumeist gut wirksamen Medikamente heißen Anthelminthika
Arthropoden
Am besten mit Insektiziden zu bekämpfen (z. B. Lindan, Goldgeist)
Prophylaxe von Infektionskrankheiten
Expositionsprophylaxe
Schutz vor Kontakt mit Krankheitserregern, z. B.:
- Isolierung der Infektquelle (= des Infizierten)
- Quarantäne = Isolierung von Kontaktpersonen des Infizierten
- Desinfektion = Abtötung von pathogenen Mikroorganismen, durch z. B. Hitze, Strahlen, Filtration, chemische Verfahren. Wirksamkeit unterschiedlich, bei allen gilt: Je länger, desto keimfreier
- Sterilisation = Erreichen völliger Keimfreiheit. Verfahren wie bei Desinfektion
- Asepsis: Maßnahmen, die verhindern, dass Material oder Wunden mikrobiell kontaminiert werden
- Insektizide
- Schutz durch bedeckende Kleidung
Dispositionsprophylaxe
= Stärkung des eigenen Körpers gegen den Infekt:
- Aktive und passive Immunisierung (= Schutzimpfungen)
- Chemoprophylaxe (z. B. bei Malaria)
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