Immer mehr zahlen
Seit Jahren befindet sich die Gesundheitspolitik im Umbruch. Nach einer unendlichen Kette von Reformen und Reförmchen zeichnet sich als klarer Kurs eins ab: Der Patient muss immer mehr selbst bezahlen.
Wir wollen nicht einfach die Politik kritisieren (auch wenn es immer noch merkwürdig ist, wenn die Verwaltungsausgaben mancher Krankenkassen genau so groß sind wie die Kosten der ambulanten Versorgung, an der weiter gespart werden soll), sondern hier nur die aktuelle Situation vorstellen und aufzeigen, welche Konsequenzen das für die eigene Gesundheit hat.
Der aktuelle Stand
Was mit Zuzahlungen zu z. B. Arzneimitteln und Kuraufenthalten begonnen hat und in Kürzung bei Kuren seine Fortsetzung fand, ist jetzt auf dem Stand, dass viele Leistungen gar nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt werden.
Zu den Leistungen, die der Patient selber bezahlen muss, gehören z. B. alle Erkältungsmittel für Erwachsene, „umstrittene“ Arzneimittel (das sind solche Medikamente, für die fraglich ist, ob sie wirklich eine medizinische Wirkung haben) und Massagen oder Krankengymnastik (außer bei schweren Erkrankungen). Auch viele Leistungen zur Gesundheitsvorsorge sind auf ein Minimum zusammengestrichen worden.
„Was zahlen die Kassen überhaupt noch?“
Ganz allgemein gesagt: Für alle schweren Erkrankungen übernehmen die Kassen die gesamten Kosten mit Ausnahme der Zuzahlung. Für leichtere Erkrankungen gibt es schon jetzt Einschränkungen (z. B. bei Erkältungen und Rückenverspannungen). Weitere Einschränkungen sind in Zukunft geplant.
Sicherlich wird auch in Zukunft niemand sterben müssen, weil er sich eine Behandlung nicht leisten kann, denn die Kassen sind verpflichtet, jede medizinisch notwendige Behandlung zu bezahlen, egal wie teuer sie ist. Aber für immer mehr „leichtere“ Beschwerden wird der Patient selber aufkommen müssen.
Leistungen, für die der Gesetzgeber beschlossen hat, dass sie nicht mehr zum Leistungsumfang der Krankenkassen gehören, dürfen auch nicht von den Krankenkassen bezahlt werden oder von den Ärzten „auf Chip-Karte“ erbracht werden. Krankenkassen oder Ärzte, die dagegen verstoßen, machen sich strafbar.
Wer zahlt es, wenn Krankheiten verhindert werden?
Besonders im Bereich der Gesundheitsvorsorge haben Krankenkassen und Politik ein „Streichkonzert“ veranstaltet. Hier werden lediglich noch die allseits empfohlenen (und auch von uns stark propagierten) Check-Up, Kinder- und Krebsvorsorgen bezahlt. Zusätzliche Untersuchungen, die der Vorsorge dienen – etwa zusätzliche (jährliche) Check-Up, zusätzliche Kindervorsorgen, vorbeugende Untersuchung von Prostata-Blutwerten (die Krankenkassen zahlen lediglich bei der Verlaufskontrolle nach Feststellung einer Prostata-Erkrankung), Aufbau-Spritzen… muss der Patient selber zahlen.
Beruf und Freizeit
Auch alles, was in den Berufs-, Schul-, Kindergarten-, Sport- und Freizeitbereich gehört, muss selbst finanziert werden. Der Hintergrund ist, dass die Politik der Auffassung ist, dass dies in den Privatbereich des Einzelnen gehört und nicht von der Gemeinschaft der Versicherten bezahlt werden soll.
Zu den Leistungen, die die Krankenkassen nicht mehr bezahlen, gehören somit alle Beratungen, Untersuchungen und Bescheinigungen, die man für Beruf, Schule, Kindergarten, Sport, Freizeit und Reise braucht (Ausnahme: Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen für den Arbeitgeber und Jugendschutz-Untersuchungen).
Zahlen Krankenkassen alle sinnvollen Therapien?
Alles, was die Krankenkassen nicht mehr bezahlen, muss der Patient aus eigener Tasche zahlen.
Die Frage, ob etwas sinnvoll ist, spielt keine Rolle bei der Entscheidung, ob Krankenkassen bezahlen. Für die meisten ist etwa Rückenmuskelaufbautraining ganz wichtig, um schwere Rückenschäden zu verhindern. Trotzdem zahlen Krankenkassen das hierfür meist erforderliche Fitnessstudio nicht. Genauso wenig wird die Raucher-Entwöhnung oder die Diätberatung bei Übergewicht von den Krankenkassen übernommen, obwohl sicherlich unstrittig ist, dass diese Maßnahmen wichtig sind.
Was haben Igel damit zu tun?
IGeL – das steht für Individuelle Gesundheits-Leistungen, die ärztlich empfehlenswert und medizinisch vertretbar sind, aber laut Gesetz nicht von Krankenkassen übernommen werden dürfen. Sie dienen Ihrem persönlichen Wohlbefinden und Ihrer persönlichen Gesunderhaltung, die Sie aufgrund Ihrer eigenen Entscheidung in Anspruch nehmen können.
Alle diese Leistungen sind in einer Liste zusammen gefasst, die sogenannte IGeL-Liste. Diese umfasst hochqualifizierte und qualitätsgesicherte individuelle Gesundheitsleistungen, die wir in unserer Praxis anbieten, denn Ihre Gesundheit zu fördern und zu erhalten ist unsere Aufgabe. Wie oben ausgeführt sind viele dieser Leistungen sehr sinnvoll. Nur eben keine Leistung der Krankenkasse.
In der Wahl der Gebühren, die dafür genommen werden, ist der Arzt nicht frei. Es ist sicherlich nachvollziehbar, dass der Arzt diese Leistungen nicht mehr kostenlos erbringen kann. Zudem verpflichtet uns der Gesetzgeber zu einer Abrechnung dieser Leistungen nach der „Gebührenordnung für Ärzte“ (GOÄ), deren Sätze keinesfalls unterschritten werden dürfen.
Jetzt Registrierkasse an der Anmeldung?
Nach unserer Erfahrung ist es in unserem Alltag nur ein kleiner Teil an IGeL- oder „Selbstzahler-Leistungen“ (das sind alle Leistungen, die der Patient heute selbst zahlen muss). Somit reicht uns noch eine kleine Handkasse. Allerdings wird das voraussichtlich in den nächsten Jahren mehr werden. Die Umstellung fällt uns aber genauso schwer wie Ihnen. Waren wir bisher gewohnt, dass das Arzt-Patienten-Verhältnis unbelastet von finanziellen Fragen ist, wurden wir ja schon seit Jahren gezwungen, günstigere Medikamente herauszusuchen. Nun kommt hinzu, dass wir für einige Sachen direkt Geld von Ihnen bekommen. Was für jedes Geschäft und für jeden Unternehmer selbstverständlich ist, fällt uns aber nicht leicht.
Warum Privatrezepte?
Alle Medikamente, die die Krankenkassen nicht bezahlen, müssen auf Privatrezept verordnet werden. Das bedeutet, dass der Patient diese Medikamente selbst bezahlen muss. Manchmal ist man versucht, dem Patienten dieses Medikament doch auf Kassenrezept zu verschreiben. Damit könnte man zwar dem einzelnen Patienten einen Gefallen tun, da das aber nicht erlaubt ist, gehen die Krankenkassen dazu über, die Kosten von dem verordnenden Arzt zurückzufordern. Somit haftet jeder Arzt dafür, dass er nur Sachen verschreibt, die erlaubt sind.
Aus der Liste unten sehen Sie Beispiele, welche Medikamente nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden dürfen. Das ist auch der Grund, warum die „Aufbauspritzen“ jetzt selbst bezahlt werden müssen.
Aber noch einmal zur Erinnerung: Die allermeisten Medikamente unseres Alltags werden noch von den Krankenkassen übernommen.
„Aber ich bin von Zuzahlungen befreit“
Oft wundert sich der Patient, dass er ein Privat-Rezept bekommt, obwohl er von der Zuzahlung befreit ist. Er meint dann, dass er keine Medikamente selber bezahlen muss. Das ist aber falsch. Die Befreiung von der Zuzahlung bedeutet nur, dass der Patient für Medikamente keine gesetzliche Zuzahlung leisten muss, ist ein Medikament aber nicht verschreibungsfähig (das bedeutet: Es darf nicht zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden), muss er es voll selbst bezahlen.
IGeL – Vorsicht vor Geschäftemachern!
Oben konnten Sie lesen, dass die IGeL-Liste Leistungen umfasst, die medizinisch sinnvoll sind, vom Patienten angefragt werden und von den Krankenkassen nicht mehr bezahlt werden. Beispiele dieser Leistungen sehen Sie in der unten stehenden Tabelle.
In unserer Praxis können Sie sicher sein, dass wir Ihnen nur Leistungen anbieten, von deren Wirkung der durchführende Arzt vollständig überzeugt ist. Zunehmend erzählen aber Patienten, dass sie bei anderen Ärzten z. T. sehr teure IGeL-Leistungen angeboten bekämen. Manches ist sicher sinnvoll. Andere Leistungen sind medizinisch dermaßen stark umstritten, weil nie ein Nachweis der Wirkung erbracht wurde, dass wir Ihnen von mancher Geldausgabe nur abraten können. In der Presse wird manchmal behauptet, manche Ärzte versuchen Patienten mit unwirksamen Therapien abzuzocken. Ausdrücklich distanzieren wir uns davon.
Wenn Sie eine solche Leistung angeboten bekommen, fragen Sie uns ruhig, wie der Stand der Wissenschaft zu dieser Leistung ist und ob das wirklich sinnvoll ist oder mit anderen, günstigeren Methoden ebenso gut zu behandeln ist.
Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) | Selbstzahler-Leistung (IGeL) |
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Check-Up alle 2 Jahre, Krebsvorsorge jährlich, Kindervorsorgen nach Plan | Zusätzlicher (jährlicher) Check-Up, erweiterter Check-Up, zusätzliche Kindervorsorgen |
Hörtest, Ultraschall, Lungenfunktion bei Krankheit oder Krankheitsverdacht | Hörtest, Ultraschall, Lungenfunktion als Vorsorge |
In Deutschland empfohlene Impfungen | Reiseimpfungen (inzwischen von einigen Kassen übernommen) |
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für Arbeitgeber | Alle anderen Bescheinigungen für Kindergarten, Schule, Beruf, Sport, Freizeit, Versicherung usw. |
Vitaminspritze bei schweren Vitaminmangelkrankheiten | Aufbauspritzen, Vitaminspritzen, Vitamininfusionen, Immunoptimierung |
Aufbauspritzen, Vitaminspritzen, Vitamininfusionen, Immunoptimierung | Alle anderen Vitaminkombinationen |
Medikamente bei Lungenentzündung | Medikamente bei Erkältung |
Krankengymnastik bei Bandscheibenvorfall | Massage bei Verspannungen |
PSA-(Prostata-Wert)-Bestimmung nach bösartigen Veränderungen oder bei begründetem Verdacht | PSA-Bestimmung zur Vorsorge |
Blutgruppenbestimmung vor einigen Operationen | Blutgruppenbestimmung auf Wunsch |
Und wenn man das doch auf Chipkarte abrechnet?
Gelegentlich werden wir gefragt, ob wir manche der Leistungen nicht doch über Krankenkasse abrechnen können. Einige Mal kam auch schon der Hinweis auf den Kollegen xy, der das auch kostenlos mache.
Das Abrechnen von Leistungen auf Chipkarte, die von den Krankenkassen nicht mehr übernommen werden (z. B. Impfberatung und Impfung für einen Urlaub in Kenia), erfüllt den Tatbestand des Betrugs. Es sind Ärzte deshalb verurteilt worden.
Was, wenn dabei eine Krankheit gefunden wird?
Wenn beim Durchführen einer IGeL-Leistung (z. B. Lungenfunktion als reiner Vorsorge oder einer Untersuchung für ein Sportattest) eine Krankheit gefunden wird, brauchen Sie keine Sorge vor weiteren Kosten zu haben. Für das Behandeln von Krankheiten ist die Krankenkasse zahlungspflichtig. Somit wird jede weitere Untersuchung und die Behandlung der Krankheit von der Krankenkasse übernommen, wie sonst auch, wenn Sie mit einer Krankheit zum Arzt gehen.
Selbstzahlerleistungen in unseren Praxen
Aus unseren Umfragen wissen wir, dass die Nachfrage nach solchen Selbstzahler-Leistungen da ist, die nicht mehr von den Krankenkassen übernommen werden. Im Prinzip können Sie bei uns all die Leistungen bekommen, die zum hausärztlichen Spektrum gehören. Hier finden Sie eine Übersicht mit unseren IGeL-Leistungen. Wir haben explizit darauf geachtet, dass wir nur Leistungen anbieten, die medizinisch sinnvoll sind.
Ob Sie Bescheinigungen brauchen, zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen, Reiseimpfberatungen, Aufbauspritzen, Raucherentwöhnung, Lichttherapie wünschen, unsere ärztliche Arbeit ist unverändert.
Wenn Sie eine Leistung für Ihre Gesunderhaltung wünschen, scheuen Sie sich nicht, uns zu fragen, ob Ihre Krankenkasse das übernimmt (noch einmal der Hinweis: Die meisten Leistungen, die wir im Alltag erbringen, übernehmen die Krankenkassen noch).